Summer Lesson: Hikari Miyamoto – Ein nur in Asien vertriebenes VR-Spiel, in dem man als Nachhilfelehrer für ein japanisches Schulmädchen fungiert. Auch wenn das Spiel im Vorfeld bereits als „Schmuddelspiel“ verschrien war, handelt es sich bei Summer Lesson in keiner Weise um etwas anstößiges. Das Spiel war ürsprünglich nur als Tech-Demo konzipiert und auf Grund des immensen Erfolges wurde es dann als „echtes“ Spiel für den rein digitalen Vertrieb fertiggestellt. Über die Zeit wurde diese Version durch einige DLCs erweitert und letztendlich erschien Mitte des Jahres auch eine physische Veröffentlichung, die neben den DLCs sogar englische Menüs und Untertitel inkludiert.
Wir sind der Nachhilfelehrer, der sich zwar wahlweise als männlich oder weiblich konfigurieren lässt, was aber keinen Einfluss ausübt und eigentlich auch irrelevant ist. Wir sind über eine Agentur von der Familie Miyamoto engagiert worden, um die Tochter der Familie, Hikari, in 7 Tagen Nachhilfe auf die Abschlussprüfungen vorzubereiten. Hikari ist zu Beginn des Spiels ein unbeschriebenes Blatt, was ihre Kenntnisse und Attribute angeht. Es liegt an uns das zu verändern und gibt dazu insgesamt 7 Unterrichtseinheiten, die wir planen müssen. Dabei kann jede Einheit unterschiedliche Attribute ansprechen. Zusätzlich können wir diese Effekte noch durch weitere Motivatoren, wie Smalltalkthemen fördern und jede Unterrichtseinheit durch ein spezielles Event (Stück Kuchen essen, Bienenstich, gemeinsam Musik hören, Powernap, etc.) erweitern. Das geschieht entweder durch Einsatz einer Eventkarte, von denen man unzählige im Spielverlauf freischaltet, wodurch man ein gewünschtes Event gezielt herbeiführt oder ohne deren Einsatz per Zufallsprinzip.
Während der Unterichtseinheit, die Hikari komplett eigenständig und größtenteils im Off durchführt haben wir nur noch insofern Einfluss, dass wir eine Kontextsensitive Entscheidung treffen müssen, wie wir Hikari bei der aktuellen Unterrichtseinheit (Erklären, Anfeuern, Fenster öffnen, etc.) am besten unterstützen. Dabei ist „Einfluss“ aber keine Aktion, die wir physisch ausführen müssen oder können, sondern lediglich eine Auswahl, die entweder den Lernerfolg entweder verstärkt, abschwächt oder unverändert lässt. Nach den 7 Tagen endet das Spiel mit ihrer Prüfung und dem Gesamtergebnis automatisch, wobei es je nachdem, wie gut wir gearbeitet haben unterschiedliche Enden gibt.
Neben dem Hauptspiel „Seven Days Room“ sind auch die Erweiterungen „Second Feel“, „Day out“, sowie die zusätzlichen Szenen „Café“ und „Feuerwerk“ inklusive neuer Outfits enthalten. Die Erweiterungen sind nahtlos in das Spiel integriert und kommen ohne erkennbare Brüche aus. Auch wenn das gebotene Gesamtpaket an sich erst mal recht umfangreich klingt, so muss man allerdings zugegeben, dass nicht besonders viel Spiel am Spiel dran ist und man einen Durchgang, also die 7 Tage Nachhilfe vom Kennenlernen bis zum Nachgespräch mit Ergebnis in unter einer Stunde beenden kann. Das Spiel ist allerdings zum wiederholten Durchspielen ausgelegt, da man zum einen nicht alle Sequenzen innerhalb von einem Durchgang sehen kann und mit jeder Durchführung einer Trainingseinheit auch die Intensität der Trainingseinheit steigert. Das ist zwar wenig abwechslungsreich, aber macht dennoch wirklich Spaß und man freut sich sogar, wenn Hikari am Ende ein besseres Ergebnis präsentiert und sich darüber freut. Zusätzlich lassen sich beim wiederholten Durchspielen alternative Outfits für Hikari und weitere Gesprächs- und Ereigniskarten freischalten.
Technisch ist das Spiel für das VR-Erlebnis und die Immersion sehr beeindruckend. Hikari ist als Hauptfigur wirklich toll geworden und sieht sehr lebensecht aus. Ihre teilweise quirlige und manchmal vorlaute Art ist wirklich liebenswert und man hat das Gefühl, dass es sich um einen echten Mensch handeln könnte. Die Areale in denen wir uns befinden sind detailliert, dreidimensional und weisen auch richtige Proportionen auf. Es wäre noch schöner, wenn wir mehr mit der Welt interagieren könnten, denn mehr als 90% der Zeit sitzen wir stationär und wählen entweder mittels Curser zur Planung des Unterrichts oder mittels fokussiertem Ansehen einer Auswahlmöglichkeit zur Unterstützung der Lernleistung das weitere Vorgehen aus. Es gibt nur eine Handvoll Szenen in denen wir kontextsensitiv eine Kuchengabel, eine Trinkflasche oder eine Wunderkerze mittels Gamepad und den verbauten Gyrosensoren aufheben können. Andere Spiele, wie z.B. Batman VR oder VR Worlds bieten da mehr Möglichkeiten der Interaktion, die die Welt dadurch etwas lebhafter erscheinen lassen. Zwar reagiert Hikari auf unsere Kopfposition und sieht uns immer direkt an oder schreckt auch empört zurück, wenn wir versuchen auf ihr Smartphone zu schauen, aber das war es dann leider auch schon mit der Interaktivität, die leider nur als Gimmick verwendet wird. Vom „Spiel“ an sich würde das Ganze auch ohne sämtliche Grafik und Interaktion abseits der Menüs, wie bei frühen Fussballmanager-Spielen, auskommen, aber dann würde das Spiel wahrscheinlich niemanden interessieren. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass der Sellingpoint von „Summer Lesson“ diese räumliche VR-Erfahrung ist, was aber auf fast alle VR-Spiele zutrifft. Wenn man noch an der Interaktivität schraubt und mehr Variationen im Spielverlauf bietet, wäre das Spiel an sich noch besser geworden, denn Potential ist wirklich da.
Mittlerweile gibt es, zur Zeit allerdings nur in Japan und ausschließlich auf Japanisch, zwei Fortsetzung als Download mit jeweils anderen Hauptfiguren und unterschiedlichen Handlungssträngen. Zur Zeit ist noch nicht bekannt, ob dazu auch Versionen in englischer Übersetzung erscheinen werden, was aber sehr wahrscheinlich ist. Ich bin persönlich gespannt, ob diese Fortsetzungen interaktiver und abwechslungsreicher sind...
Aber für wen ist Summer Lesson etwas? – Wer eine interessante VR-Erfahrung erleben möchte und sich einen eigenen Eindruck davon machen möchte, was an dem Spiel und der anfänglichen Kontroverse darum, eigentlich dran ist und sich zusätzlich vom repetitiven Spielerlebnis nicht abschrecken lässt, kann durchaus zugreifen. Der momentane Preis für die Retail-Version ist allerdings nicht gerechtfertigt. Alternativ kann man das Spiel auch in einem PSN-Store erwerben, der die englischsprachige Version führt, was soweit ich weiß alle asiatischen Stores, abseits Japan sind.
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