Irgendwie war es dann doch eine Tortur. Fast 20 Stunden habe ich im ersten Durchgang benötigt. Da kann die Endzeitstimmung schon ziemlich auf die Psyche drücken, v.a. wenn sie so realistisch und bitter dargestellt wird, wie in TLOU. Ganz großes Kino. Von Beginn an versteht es Naughty Dog, den Spieler in diesen Bann der globalen Epidemie und der wenigen Überlebenden zu ziehen - hier natürlich konzentriert auf Joel und Ellie, die sich dann (im Spiel) über ein Jahr durch die Überreste der menschlichen Zivilisation kämpfen müssen.
Mich hat es während des Spielens immer wieder überrascht, mit welch simplen Mitteln es Naughty Dog versteht, mich zu fesseln. Natürlich sind die Hauptakteure und ihr Verhältnis zueinander hervorragend authentisch herausgearbeitet, und auch die postapokalyptische Szenerie ist atemberaubend, aber das Gameplay an sich ist im Grunde genommen altbacken. Zwei Menschen vertrauen ihrer Hoffnung und arbeiten sich durch entvölkerte Städte, bestenfalls noch bewohnt von Mutanten und kannibalistischen Banden, stets auf der Suche nach den wenigen brauchbaren Dingen die inmitten des Schutts noch auffindbar sind, und dabei stellen sie sich den Herausforderungen, die nicht nur die weitere Wegfindung sondern v.a. die Umgehung und die Überwindung feindlich gesinnter 'anderer' betreffen.
Es ist primär diese Situation, die TLOU zelebriert: Die zahlenmäßige Unterlegenheit gegenüber skrupellosen Banden, die zuerst schießen/morden, bevor sie denken oder reden, und die Ausgesetztheit in einer Welt, die langsam in die Hand von Mutierten fällt, und die keinen Schutz zu bieten hat, außer dem eigenen Instinkt zu überleben. Im Fokus dieser Auseinandersetzungen kommt es dann immer wieder zu Konfrontationen, die im Rahmen der lokalen Bedingungen taktisch klug gelöst werden müssen, da man sich andernfalls schnell mit einer Vielzahl an Gegnern kofrontiert sieht, gegen die man letztendlich keine Chance hat. Deswegen ist es ungemein wichtig, dass das Stealth-System gut funktioniert, und dies tut es auch bei TLOU. In Verbindung mit den verschiedenen Möglichkeiten, die dem Spieler im Hinblick auf die Eliminierung der Feinde zur Verfügung stehen, entwickelt sich somit immer mehr ein Schleichen-Ablenken/Locken-Töten-Kreislauf, der in seiner Einseitigkeit eigentlich langweilig wirken müsste, der aber vor dem Hintergrund der packend erzählten Story etwas unumstößlich notwendiges erhält, so dass ich als Spieler nicht selten meinte, es geht um meinen eigenen Arsch. Und genau das macht gute Spiele aus,... und genau das ist ein Grund dafür, weswegen ich (immer noch hoffnungsvoll) spiele: Weil ich mich in einem Game verlieren möchte, das mich so mitreißt, dass ich gar nicht anders kann, als immer weiter zu spielen.
Die Brutalität der physischen Auseinandersetzungen und die Zwangsläufigkeit der Kills in TLOU müssen genau so sein, weil es eben um alles geht, was den Protagonisten bleibt. Und deswegen ist die Umsetzung durch Naughty Dog auch ziemlich beachtlich, weil man sich hier eine gewisse Schonungslosigkeit getraut hat, die nicht selbstverständlich ist. Es wird hier wahrlich nicht gespart mit Gore und Leichen. Aber die Art und Weise, wie das alles präsentiert wird, fügt sich nahtlos ein in die Welt der Zerstörung und der Verzweiflung, die es einem schwer macht, einen Keim der Hoffnung zu bewahren. Die weitgehende Kompromisslosigkeit, mit der TLOU hier zu Werke geht, ist beachtlich.
Trotz allem gibt es einige wenige negative Punkte. Zum einen ist die Save-Funktion ziemlich gnädig. Die Härte des Spiels wird hier deutlich abgeschwächt, weil die Save-Punkte reichlich verteilt worden sind. Schade eigentlich, weil somit ein wichtiger Stress-Faktor abgemildert wird. Natürlich gibt es für den Spieler nichts nervigeres als lange Passagen immer wieder spielen zu müssen (Demon's Souls zum Beispiel), allerdings verliert die drastische Darstellung der Aussichtslosigkeit etwas an Durchschlagskraft, wenn man nach dem Ableben mit nur wenig Zeitverzögerung eine neue Chance erhält, es besser zu machen.
Zum anderen nervt es ein wenig, dass man so gar keine Entscheidungen treffen darf. Es gibt durchaus Situationen, nicht nur zum Schluß, in der ich mir gewünscht hätte, wählen zu dürfen.
Und schließlich sammelt man sich im Laufe des Spiels ein Waffeninventar zusammen, das einen durchaus zu Rambo-Aktionen verführen kann. Das ist wahrscheinlich dem normalen Schwierigkeitsgrad geschuldet, auf dem ich das Spiel heute beendet habe.
Von diesen (im Spiel gut kaschierten) 'Kleinigkeiten' abgesehen, handelt es sich m.E. bei TLOU um ein unglaublich intensives Spieleerlebnis, das man nicht verpasst haben sollte.
Contras:
- Erzählschlauch ohne echte Entscheidungen
- zu gnädiges Save-System schwächt Story-Konsequenzen
- mitunter KI-Probleme
Pros:
- intensives Spieleerlebnis mit Sogwirkung
- brutal realistisches und grafisch famos dargestelltes Szenario
- tolle Charakterzeichnung von Joel und Ellie
- Gute Synchro (engl.) und genialer minimalistischer Score
- gut umgesetztes Stealth System
- 'Sammelwahnsinn' sinnvoll implementiert
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